18.06.2021

Vom Schreiner zum Blumenmönch

Bruder Theophilos lauscht einer Stimme

Was dich begeistert

Die Stories, die das Leben schreibt, sind oft kurioser als ein Backrezept, mit dem man aus edelsten Zutaten eine meisterhafte Torte backt. Da schickt ein junger Kerl eine Frage ins Universum, hört eine Stimme und landet im Kloster, in das er nie wollte. Irgendwo schwebt da ein Geist, der sich über Menschen hermacht und sie begeistert. Von einem Attentat auf meinen Lebensentwurf möchte ich hier erzählen.

Mit neunzehn besuchte ich samstagabends, auf eine Einladung hin, die Teestube der Blumenmönche. Für drei Wochen entstand ein Ausgeh-Ritual eines Teenies. Am dritten Abend bewegte mich die Frage: Was wird nach der nun abgeschlossenen Schreinerausbildung mit mir? Ich fragte die anwesenden Brüder, die mich liebevoll in die angrenzende kleine Kapelle bugsierten. Da saß ich nun mutterseelenallein mit meiner Frage, umzingelt vom Heiligen Geist.

Es war ganz still. Es begannen Bilder in meinem Kopf zu entstehen. Meine Gedanken spazierten durch einen Wald, bis zu einer Schlucht, über die eine hölzerne Hängebrücke gespannt war. Ich ging über dieses schwankende Teil und kam auf der anderen Seite auf einem Plateau an. Ich spürte, wie meine Füße am Beginn eines neuen Weges standen. Augenblicklich war mir klar, jetzt bin ich im Kloster gelandet. Doch da wollte ich eigentlich nie hin, weil ein freiheitsliebendes Herz in mir schlug. Doch es fühlte sich merkwürdig stimmig an.

Ganz alleine hatte ich Neuland betreten.

Was dann abging, war eine krasse Gefühlsdusche. In mir kochten hunderttausende Wenns und Abers auf. Mein Verstand rebellierte: „Das kannst du doch nicht machen. Was werden deine Eltern sagen? Was dein Chef, wenn du einfach am Montag dein Arbeitsverhältnis hinschmeißt? Was wird aus deiner kirchlichen Jugendarbeit, für die du verantwortlich bist?”

Ich war offen für göttliche Führung. Ich bat den Geist um Antwort auf meine Frage, doch was da kam, war die Hölle für meinen Verstand. Im Kreuzfeuer der Argumente konnte ich nun auf dieser Seite bleiben, oder mich klammheimlich wieder über die Brücke auf die andere Seite zurück schleichen. Keiner hätte etwas gemerkt. Es wäre weitergegangen wie bisher. Doch trotz des Schwalls an Fakten, die gegen meine Schädeldecke hämmerten, entschloss ich mich, die beiden Seile der Brücke zu kappen und sie hinter mir krachend in die Schlucht stürzen zu lassen.

Nun stand ich am Platz meiner Berufung und es gab kein Zurück mehr. Ich atmete tief durch, ging in den Nebenraum und berichtete den drei verdutzten Brüdern von meiner Entscheidung. Am selben Abend ging ich noch mit ins Kloster, in dem ich nun seit vierzig Jahren lebe.

Wir alle hören andauernd die Stimme des Geistes. Jeder vernimmt dieses innerliche Zwiegespräch, das immer wieder das Für und Wider einer Sache abwägt. Es ist weniger die Gefahr, dieses Reden zu überhören, als es mit unseren Vernunftgründen zu übertönen und mundtot zu machen. Oft sind es die Dinge, gegen die wir uns leidenschaftlich wehren, wo uns das Säuseln des Geistes zum Wagnis des Glauben herausfordern will.

Wenn man uns Menschen fragen würde, ob Gott eigentlich von uns begeistert ist, würden wir vielleicht zunächst sagen: ja klar, wir sind ja seine Schöpfung. Gerne benutzen wir zum Beispiel auch die Bilder von Ton und Töpfer*in.

Allerdings rumoren da in Wirklichkeit oft ganz viele Bedenken in uns, die anklagend sagen: Ich bin viel zu unbedeutend, nicht perfekt genug, zu schuldig, zu unwissend, zu ungläubig, zu klein, für Gott einfach nicht gut genug.

Und wie sehr schwingt eventuell ein Traum mit, dass es auch ganz anders sein könnte, dass wir für Gott einfach nur der absolute Hit sind. Ich glaube, dass wir das tatsächlich sind (auch die Schwaben, die da in ihrer Bescheidenheit vielleicht doppelt herausgefordert sind ☺).

So bin ich ein vom Geist Begeisterter, der sich nichts sehnlicher wünscht, als dass er sich immer mehr dieser himmlischen Führung erschließt, um anderen den Mund wässrig zu machen, offen für das größte Abenteuer ihres Lebens zu sein.