13.05.2022

Verrückung und Veränderung

zwischen faktischer und emotionaler Wahrheit

Die Wirklichkeit, von der wir sprechen können, ist nie die Wirklichkeit an sich, sondern eine von uns gestaltete Wirklichkeit.

Heisenberg

Clair Cameron Patterson (*2 Juni 1922, † 5. Dezember 1995) war ein Geophysiker, der bestrebt war, das Alter der Erde zu bestimmen.
Während seiner Forschung stieß er auf einen besorgniserregenden Anstieg der Bleikonzentration in der Luft. Durch Bohrungen im Polarkreis stellte er fest, dass die Konzentration seit 1923 kontinuierlich anstieg.
Diese Erkenntnisse trieben ihn zu seinem Hauptziel, bleiversetztes Benzin zu verbannen.
Dadurch machte er sich die US-amerikanische Wirtschaftslobby zum Feind.
Das führte dazu, dass erst in den späten 1970ern weitere Expert*innen weltweit auf die Kontamination durch Blei und die daraus resultierende Gefahr auf die Umwelt und die Nahrungskette aufmerksam machten.
Heutzutage ist die Kontamination der Umwelt durch Benzinblei eliminiert.
Patterson gelang durch das Aufzeigen von nachvollziehbaren und reproduzierbaren Forschungsergebnissen, eine unwiderlegbare, faktische Wahrheit zu generieren. Dies führte zu einer Ver-rückung und Veränderung der Wahrnehmung sowohl anderer Forscher*innen als auch der Bevölkerung.
All das ermöglicht uns heute, bleifreies Benzin zu tanken.

Das Jahr 2020.
Es ist durchwachsen von Unklarheit, Unwissenheit und Angst.
Die Positionen in Bezug auf das Coronavirus variieren sowohl in der Bevölkerung als auch in den Fachkreisen.
Mediziner*innen, Wissenschaftler*innen und andere Expert*innen überschwemmen die Medien. Hier stellt sich die Frage, wie die Masse mit diesen Informationen umgehen soll. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als sich entweder auf der einen oder auf der anderen Seite zu positionieren.  Faktische Wahrheit verschwimmt mit der emotionalen.
Niemand weiß, was faktisch wahr ist, da es (noch) zu wenig Fakten gibt.  
Das Maskentragen wird mit einschlägigen Bildern von Versklavung gleichgesetzt. Die Maßnahmen der Regierung seien geplant, um uns alle zu Sklav*innen zu machen. Das Bild der Maske wird kontextlos übertragen. Vergessen scheint zu sein, dass es durch das Virus nötig war, Massenbeerdigungen abzuhalten und Massengräber auszuheben.

Im Gegensatz dazu scheinen sogenannte InfektionsZAHLEN das Maß aller Dinge zu sein.
Zahlen sind hier aber ebenso kontextlos. Wie das Virus Einfluss auf ein Land nimmt, das eine nicht für alle jederzeit zugängliche Gesundheitsversorgung ermöglicht, haben wir alle gesehen.
In einem Land, wo die Gesundheitsversorgung für diejenigen ausgelegt ist, die es sich leisten können“ fehlt Gesundheitspersonal und die Struktur einer adäquaten, flächendeckenden Versorgung.
Hier hat das Virus im übertragenen Sinne einen Freipass und kumuliert in einem Ausmaß, sodass Systeme zusammenbrechen.
Gleichzeitig bieten diese Zahlen im Kontext der nationalen Gesundheitssysteme eine Chance der Veränderung von Systemen, die nicht darauf ausgelegt sind.

Das Virus ist da. Wir alle sind angehalten den Zwang sich zu positionieren, hinter uns zu lassen und zu erkennen, dass wir alle im selben Boot sitzen. So, wie Patterson zeigte, dass die Emission von Blei, die vor allem in industrialisierten Gebieten stattfand, sich auch am Polarkreis feststellen ließ.
Übertragen auf die Corona-Situation, haben und hatten Lockdowns und Reisewarnungen verschiedener Länder letztlich eine globale Auswirkung.

Wir leben in verrückten Zeiten, die uns auffordern, selbst ver-rückt zu werden, um Veränderungen einzuleiten, die allen und der gesamten Umwelt nützen.
Denn unsere Leben gehören nicht uns. Von der Wiege bis zur Bahre sind wir mit anderen verbunden. In Vergangenheit und Gegenwart. Und mit jedem Verbrechen und jedem Akt der Güte erschaffen wir unsere Zukunft.
Cloud Atlas, 201)